Du kannst noch so gute Moderationsfähigkeiten haben und auch unglaublich gut auf deine nächste Moderation vorbereitet sein: Wenn du plötzlich Lampenfieber bekommst, war all das umsonst. Denn dann wird dein Performance deutlich unter deinem Potenzial liegen. Hier erfährst du, was du gegen Lampenfieber tun kannst.
Hinweis: Dieser Text ist ein Auszug aus dem eBook „Das MODERATORENWERK“, das du hier kaufen kannst.
Die Live-Situation
Stell dir vor, du hast deinen ersten gut bezahlten Moderationsjob in der Tasche. Nachdem du mehrere Moderationsseminare besucht, Erfahrungen als Redakteur gesammelt und viele unbezahlte Moderationen übernommen hast, kommt nun der Lohn für all die investierte Arbeit: Du darfst zum ersten Mal etwas moderieren, wofür du richtig gutes Geld bekommst. Du freust dich auf diesen Einsatz, beschäftigst dich mit den Themen, studierst die Lebensläufe deiner Interviewpartner, überlegst dir clevere Fragen, schreibst gute Anmoderationen, kurzum: Du bereitest dich nahezu perfekt vor. Und dann ist der Tag da: Am Morgen als du aufwachst, spürst du eine gewisse Spannung in dir. Dann siehst du zum ersten Mal die Bühne oder das Studio, in dem du gleich moderieren wirst. Beim Soundcheck hörst du nochmal den Klang deiner Stimme, bevor es in ein paar Minuten richtig losgeht. Nach wenigen Augenblicken ist der Moment da: Die Sekunde in der du dein Publikum begrüßt. Plötzlich fangen deine Knie an zu zittern, deine Stimme wird brüchig und du fühlst dich plötzlich ganz klein und unsicher. Obwohl du dich so gut vorbereitet hattest, verläuft die Moderation lange nicht so gut, wie du es dir vorgestellt hast.
Das kann dir passieren, wenn du zu starkes Lampenfieber bekommst. Ich wünsche dir, dass du niemals in so eine Situation kommst — aber vielleicht wird es doch einmal eintreten. Damit die Wahrscheinlichkeit für so ein Szenario so gering wie irgend möglich ist, habe ich dieses Kapitel geschrieben.
Was ist Lampenfieber eigentlich?
Lampenfieber bedeutet: Du hast Angst. Angst ist erstmal ein dumpfes, unbestimmtes Gefühl. Dieses Gefühl soll dich davon abhalten, Dinge zu tun, die nicht gut für dich sind. Wenn ein Löwe vor dir steht und dich anbrüllt, dann ist es gut, wenn du Angst bekommst. Denn diese Angst gibt dir die Energie, entweder wegzurennen oder den Löwen anzugreifen. In diesem Fall ist Angst ein guter Ratgeber. Denn sie bringt dich dazu, der Gefahr angemessen zu begegnen.
Die Steinzeit-Falle
In der heutigen Zeit aber ist Angst in der Regel ein schlechter Ratgeber. Denn durch Angst wird in uns ein Programm aus der Steinzeit aktiviert. Sie setzt eine Menge Adrenalin frei, damit wir entweder kämpfen oder wegrennen können. Beides ist heutzutage in der Regel nicht allzu hilfreich. Denn wenn du deinem Chef oder Auftraggeber bei einem unangenehmen Gespräch eine reinhaust oder abhaust, bringt dich das mittel- und langfristig nicht wirklich weiter.
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Wie ich bereits geschrieben hatte, ist Lampenfieber vor einer Moderation nichts anderes als Angst. „Aber Angst wovor denn? Es gibt doch keine wirkliche Gefahr?!?“, fragst du dich jetzt. Das ist eine gute Frage. Bevor wir die beantworten können, müssen wir nochmal in die Steinzeit schauen.
Stell dir vor, du lebst mit deinem Stamm in einer Gruppe von etwa 50 Personen. Ihr lebt zusammen in einer Art Dorfgemeinschaft in einer großen Höhle. Jeden Abend macht ihr ein Lagerfeuer. Der Chef des Clans tritt zum Sonnenuntergang in die Mitte des Kreises, schlägt sich auf die Brust und schreit dreimal laut „Ugh! Ugh! Ugh!“. Das erlebt ihr über mehrere Jahre. Was glaubst du passiert, wenn eines Abends jemand anderes auf die Idee kommt, sich in die Mitte des Kreises zu stellen und dreimal laut „Ugh! Ugh! Ugh!“ schreit? Oder sogar „Agh! Agh! Agh!“? Dann gibt es genau zwei Möglichkeiten: Entweder wird derjenige der neue Chef – oder aber er bekommt ordentlich eins auf die Mütze. In der Steinzeit war so ein Verhalten höchst riskant: sich als Chef auszugeben, wenn man gar kein Chef ist.
Der Schutzmechanismus aus der Steinzeit
Damit du nicht zufällig auf die Idee kommst, dich in deinem Stamm als Chef auszugeben, hat die Natur dich mit einem Schutzmechanismus ausgestattet: der Angst davor, vor anderen Menschen zu sprechen. Denn vor einer großen Gruppe von Menschen aufzutreten, war in der Steinzeit nur dem Alphatier des Stammes vorbehalten. Für alle anderen hätte das den Tod bedeuten können.
Heutzutage ist diese Schutzfunktion sinnlos. Denn du wirst heute nicht mehr angegriffen, wenn du vor vielen Menschen sprichst. (Leider wirst du nach deiner „Rede“ auch nicht sofort Chef). Trotzdem kann diese Funktion aus der Steinzeit aber immer wieder dafür sorgen, dass du Lampenfieber bekommst (was natürlich erst mal nicht so prickelnd ist).
Es gibt aber eine gute Nachricht: Wenn dein Gehirn erstmal realisiert hat, dass dir nichts passiert, wenn du auf einer Bühne stehst und sprichst, dann hören auch Angst und Lampenfieber auf (oder werden zumindest weniger). Und damit das noch schneller geht, dafür habe ich eine Übung für dich!
Die beste Übung gegen Lampenfieber
Ich weiß, dass viele nicht an „Übungen, die man nur im Kopf macht“ glauben. Das war bei mir früher auch der Fall. Was sollte es mir denn bringen, mit irgendwelchen Bildern im Kopf zu arbeiten, oder diese gar in ihrer Farbe oder Intensität zu verändern. Eines Tages hörte ich dann aber einen Vortrag von einem Mentaltrainer, der mich ziemlich inspirierte. Er hatte unzählige Spitzensportler hauptsächlich mit dieser einen Methode trainiert, die ich dir gleich vorstellen werde. Ich fragte mich, ob ich diese Übung auch für meine Moderationen nutzen kann. Bevor ich lang hin- und herüberlegte, probierte ich es einfach aus. Schließlich hatte ich ja nichts zu verlieren. Und siehe da: Es klappte — und zwar wunderbar. Bei meiner darauffolgenden Moderation wurde ich von meinem Auftraggeber bis in den Himmel hoch gelobt.
Wenn du also unsicher bist, ob diese Übung etwas für dich ist oder nicht, lautet mein Rat: Probier es einfach aus. Wenn es nicht klappt, ist es ja nicht schlimm. Und falls doch, hast du einiges dazugewonnen.
Die Bilder im Kopf
Ein Grund für Lampenfieber ist oftmals ein negatives Zukunftsbild, das du dir in deinem Kopf machst. Sprich: Du stellst dir vor, was bei deiner Moderation alles schiefgehen könnte. Wie du einen hochroten Kopf bekommst, deine Stimme versagt, du einen Blackout auf der Bühne (bzw. vor der Kamera) bekommst und so weiter und so fort. Je bunter und deutlicher du dir dieses Bild ausmalst, desto größer wird auch dein Lampenfieber.
Ganz klar: Dieses negative Bild muss raus aus deinem Kopf. Um das Bild in deinem Kopf „abzustellen“, mach bitte Folgendes: Du schließt die Augen und stellst dir das negative Bild noch ein letztes Mal vor. Dann ziehst du aus dem Bild erst mal die gesamte Farbe heraus, so dass es nur noch schwarz-weiß ist. Schließlich verkleinerst du das Bild vor deinem inneren Auge immer mehr. Nach und nach ziehst du es mit deiner Hand weg von dir, bis es nur noch so groß wie eine Briefmarke ist. Außerdem machst du den Ton immer leiser. Und dann nimmst du deine Hand und schiebst das Bild komplett aus deinem Sichtfeld.
Soweit klar?
Ok, weiter geht’s: Damit das Bild nicht wiederkommt, stell dir jetzt stattdessen vor, wie deine Moderation perfekt verläuft: Wie du mit einer unfassbaren Präsenz auf der Bühne (oder vor der Kamera stehst), wie dir das Publikum (oder der Regisseur) zujubelt, wie die Worte nur so aus dir heraussprudeln und wie dir am Ende der Auftraggeber persönlich und ausdrücklich mit einem Handschlag für deine herausragende Leistung dankt. Und dieses Bild machst du immer größer, bunter und lauter, bis es ganz klar vor deinem inneren Auge ist.
Die Übung in der Schnellübersicht
So geht die Übung in Kurzform:
- Schließe deine Augen.
- Rufe ein negatives Bild deiner zukünftigen Moderation ab.
- Ziehe die Farbe aus dem Bild, mach es kleiner und leiser.
- Wische es mit einer Handbewegung aus deinem Sichtfeld.
- Stell dir vor, wie die Moderation im Idealfall abläuft.
- Mach dieses neue Bild größer, bunter und lauter.
Das neue Bild stellst du dir jetzt immer wieder vor – am besten einmal täglich, bis zu dem Tag, an dem du tatsächlich moderierst. Wenn du diese Übung immer wieder durchführst, wirst du in einiger Zeit bald gar kein Lampenfieber mehr haben.
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